Interner 3D-Druck einer Okklusionsschiene für Patienten mit Parafunktion und frühzeitigem Zahnverschleiß
In konventionellen Arbeitsprozessen wird die Fertigung von Okklusionsschienen üblicherweise an Dentallabore ausgelagert. Dort werden die Schienen entweder aus soliden Materialblöcken gefräst oder additiv mittels 3D-Druck gefertigt. Das Fräsen liefert robuste, optisch transparente Schienen, erfordert jedoch teureres Material und teurere Ausrüstung als der 3D-Druck.
Technologische Fortschritte im Bereich 3D-Scan und 3D-Druck haben sowohl Laboren als auch Kliniken dazu verholfen, Kosten zu senken und ihre Effizienz zu steigern, ohne an Qualität einzubüßen. Der 3D-Druck von Schienen direkt vor Ort ist dank Dental LT Clear Resin (von Formlabs Dental) und SLA-3D-Druckern wie dem Form 3B+ von Formlabs Dental jetzt möglich. Die Implementierung des 3D-Drucks in zahnärztlichen Praxen verbessert nicht nur die Durchlaufzeit bei der Herstellung dentaler Anwendungen, sondern senkt auch deren Kosten, verkürzt die Behandlungsdauer und beschleunigt ohne erhebliche Zusatzkosten die Fertigung weiterer Vorrichtungen als Ersatz im Verlustfall („Mein Hund hat meine Zahnschiene gefressen“). Durch die Option, Schienen effizient und zuverlässig mittels 3D-Druck zu fertigen, können zahnmedizinische Praxen ihren Patient*innen bei okklusionsbedingten Schmerzen schnelle Abhilfe verschaffen.
Dr. Christopher Baer
Dr. Christopher Baer ist ein Meister der Implementierung digitaler Zahnmedizin in Zahnarztpraxen. Er betreibt eine vollkommen digital operierende Zahnarztpraxis in Colorado, USA, und ist zudem Formlabs Key Opinion Leader sowie Dozent und Berater zum Thema digitale Technologien in der Zahnmedizin und Implementierungsstrategien. Er verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in der Entwicklung digitaler zahnmedizinischer Prozesse und der Steigerung der klinischen Effizienz mithilfe zahnmedizinischer Technologien.
Fallpräsentation und -diagnose
Ein 17-jähriger Patient stellte sich gemeinsam mit seinen Eltern in der Zahnklinik vor, nachdem sein Kinderzahnarzt bemerkt hatte, dass seine Zähne ungewöhnlich kurz waren. In seiner Krankengeschichte waren keine aktuell verabreichten Medikamente und lediglich saisonal bedingte Allergien verzeichnet. Die zahnmedizinische Krankengeschichte beinhaltete eine kieferorthopädische Behandlung, die im Alter von 15 Jahren abgeschlossen wurde, sowie jährliche Zahnreinigungen. Die letzte zahnärztliche Untersuchung lag etwa 12 Monate zurück.
Während der klinischen Untersuchung wurde festgestellt, dass der Patient eine mangelhafte Mundhygiene und geringe Motivation zum Zähneputzen und zur Anwendung von Zahnseide besaß. An den Zähnen #21 und #22 (Notierung nach FDI/ISO 3950) wurde im Approximalbereich Karies festgestellt. Die Evaluation des Gebisses zeigte ein parafunktionales Verschleißmuster: moderaten anterioren Verschleiß der Maxilla und leichten Verschleiß der Mandibula. Die oberen anterioren Zähne wiesen einen Verlust von ca. 1,5–2,0 mm Zahnstruktur auf, während die posterioren Prämolaren und unteren anterioren Zähne ca. 1,0 mm Zahnstruktur verloren hatten. Wie der Patient berichtete, trug er seinen konventionellen Hawley-Retainer sporadisch, konnte sich aber nicht daran erinnern, wann dieser zuletzt getragen wurde. Der Patient hatte aktuell keine Kieferbeschwerden, war sich nicht über eventuelles Zähneknirschen bewusst und hatte auch keine visuelle Veränderung der Länge seiner Zähne bemerkt. Laut Untersuchung lagen die Kaumuskulatur und die maximale Kieferöffnung im normalen Bereich und es waren keine Gelenkgeräusche oder Abweichungen des Unterkiefers beim Öffnen feststellbar. Der Patient berichtete von keinerlei Geräuschen oder Störungen beim Schlafen und die Beurteilung der Atemwege lag im normalen Bereich. Als der Patient und seine Eltern über den parafunktionalen Verschleiß unterrichtet wurden, reagierten sie besorgt und berichteten, von anderen Ärzten nie über einen solchen Befund informiert worden zu sein.
Im Zuge weiterer Fragen stellte sich heraus, dass der Patient über keine digitalen Akten seiner kieferorthopädischen Behandlung verfügte, welche in diesem Fall dazu hätten dienen können, die finale kieferorthopädische Zahnstellung festzustellen sowie das Ausmaß des Verschleißes, das seit Abschluss der Behandlung einige Jahre zuvor entstanden sein könnte. Es wurde beschlossen, hausintern eine Schiene anzufertigen, um den Zahnverschleiß zu minimieren und diesen anhand der Schiene zu nachzuverfolgen – dies kann helfen, Eltern und Patient zu verdeutlichen, wie aktiv der parafunktionale Prozess ist und ob eine zusätzliche Behandlung notwendig ist.
Kostenlosen Probedruck einer Schiene anfordern
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Behandlungsplan
- Anweisung zur Zahnprophylaxe und Mundhygiene
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Handhabung der Karies: Direkte dentale Kompositrestaurationen an #21 und #22 (Notierung nach FDI/ISO 3950)
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Digitalisierung des Falls mittels Intraoralscan (Medit i700 Intraoral), um virtuelle 3D-Modelle zur Nachverfolgung des Zahnverschleißes zu erhalten, eine Okklusionsschiene zu erstellen und das Gespräch mit den Eltern über den fortgeschrittenen Zahnverschleiß des 17-jährigen Patienten zu vereinfachen
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Herstellung der Okklusionsschiene
Umsetzung des Behandlungsplans
Erster Praxistermin: Beschränkt auf Anweisung zur Zahnprophylaxe und Mundhygiene. Obwohl die Reinigung und der Scan schon während des ersten Termins stattfinden können, wurde entschieden, während des ersten Behandlungstermins Anweisungen zur Zahnprophylaxe und Mundhygiene zu erteilen und den Patienten eine Woche später erneut zu untersuchen, um die Veränderung zu beurteilen.
Zweiter Praxitermin (eine Woche später): Entfernung der Karies und Einsetzung von Kompositrestaurationen an #21 und #22 (Notierung nach FDI/ISO 3950). Nach Fertigstellung der Kompositrestaurationen wurde ein Intraoralscan durchgeführt, um virtuelle 3D-Modelle zur Evaluierung der Okklusion sowie zur Fertigung der Okklusionsschiene zu erhalten. Die Okklusion wurde bei maximaler Interkuspidation aufgezeichnet. Der Fall wurde nach der digitalen Abdrucknahme mit einem Intraoralscanner (Medit i700) an einen externen Designdienstleister (Evident) gesendet. Der Designdienstleister benötigt Scans des oberen und unteren Vollbogens sowie mindestens einen Aufbiss-Scan. Nach Fertigstellung des Designs stellt der Dienstleister die Designdatei und nach Wunsch eine FORM-Datei bereit, um den Druckprozess mithilfe der Druckvorbereitungssoftware PreForm von Formlabs zu vereinfachen.
Zwischen den Terminen (Design- und Fertigungsphase)
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3D-Druck: Am darauffolgenden Morgen wurde das Design der Okklusionsschiene als STL-Datei in die Software PreForm importiert, ausgerichtet und für den Druck mit Dental LT Clear Resin (V2) an den Drucker Form 3B+ gesendet. Dieses biokompatible Material ist für hochwertige, langlebige Okklusionsschienen indiziert und ist ein Medizinprodukt der Klasse I (USA) und Klasse IIa (EU).
- Nachbearbeitung: Die Teile wurden 15 Minuten lang gewaschen (in einem Form Wash mit 99%igem Isopropylalkohol (IPA)), anschließend abgelöst und weitere fünf Minuten lang in frischem IPA gewaschen. Die Teile wurden mit Druckluft getrocknet und 30 Minuten lang an der Luft vollständig trocknen gelassen. Schließlich wurden die Teile in einem Form Cure bei 60 °C 60 Minuten lang nachgehärtet. Nach dem Druck wurde die Konstruktionsplattform aus dem Drucker entnommen, um die Druckteile nachzubearbeiten.
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Politur:
- Die Stützstrukturen wurden entfernt und folgende Schritte wurden zur Politur unternommen:
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Mit einem Wolfram-Karbid-Bohrer mit Kreuzverzahnung wurden die Spuren der Stützstrukturen von der Okklusionsfläche entfernt.
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Die Oberfläche wurde mithilfe eines Silikonkautschukpolierers geglättet.
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Schließlich wurde eine Schwabbelscheibe eingesetzt, um eine Hochglanzpolitur zu erzielen.
Dritter Praxistermin (24 Stunden nach dem zweiten Termin): Die Okklusionsschiene wurde dem Patienten bereitgestellt. Die Okklusion wurde überprüft und ausgeglichen. Der Patient wurde darüber unterrichtet, wie die Schiene sachgemäß mit Wasser und einer weichen Bürste zu reinigen ist, und an eine ausreichende Mundhygiene erinnert. Eine Nachfolgeuntersuchung wurde für einen zwei Wochen späteren Termin vereinbart, um den Aufbiss auf der dentalen Anwendung erneut zu evaluieren und das Tragen der dentalen Anwendung zu überprüfen.
Nachfolgeuntersuchungen
Die Schiene wurde während des auf die Implementierung folgenden Untersuchungstermins evaluiert und das Material befand sich in gutem Zustand, die Passung war unverändert und die Farbstabilität des Materials war ausgezeichnet. Der Patient war insgesamt zufrieden mit der Anwendung. Er berichtete, dass die Schiene eine bequeme Passung habe, einfach einzusetzen und zu entnehmen sei und das Material sich außerdem leicht reinigen lasse.
Vom Scan zur Schiene: Automatisierte und optimierte praxisinterne Schienenproduktion
Erfahren Sie von Dr. Christopher Baer, wie Sie Ihre Behandlungseffizienz auf ein neues Niveau bringen, indem Sie Ihren Intraoralscanner zur Fertigung von Okklusionsschienen mit praxisinternem 3D-Druck integrieren. Im Webinar stellt Dr. Baer Schritt für Schritt einen einfachen, kosteneffizienten Workflow zum praxisinternen Design und 3D-Druck von Okklusionsschienen vor.
Fazit
Die Nutzung vollständig digitaler Arbeitsprozesse zur Herstellung von Okklusionsschienen in zahnärztlichen Praxen ist eine höchst effiziente und kostengünstige Lösung, um bei kurzer Durchlaufzeit Okklusionsschienen von hoher Qualität bereitzustellen. Die Kosten für Design und Druck einer Schiene können unter 40 € liegen, wobei keine Lieferkosten anfallen – damit sind die Gesamtkosten bedeutend niedriger als bei im Dentallabor gefertigten Schienen. Der Prozess beginnt mit einem Intraoralscan, der dann elektronisch an einen externen Designdienstleister (Evident) übermittelt wird, damit ein Designteam die Schiene entwirft. Der Designvorgang kann auch intern erledigt werden, wenn die Praxis über entsprechende Software verfügt; durch Outsourcing des Designs erzielt die Praxis jedoch einen effizienteren Prozess. Ist das Design erstellt, beginnt der Fertigungsprozess mit dem 3D-Druck der dentalen Anwendung, indem das richtige Material eingesetzt und ein Druck gestartet wird.
Das Waschen und Nachhärten der Schiene beansprucht ein paar Stunden und im Anschluss kann die zahnärztliche Assistenz die abschließende Politur erledigen. Die Bereitstellung der dentalen Anwendung ist in weniger als 24 Stunden nach dem Scan des Gebisses möglich und dauert nur wenige Minuten. Die Passung der Schiene kann vom Designteam kalibriert werden, um sicherzustellen, dass sie mit den Präferenzen des Behandlungsteams übereinstimmt. Das Material der Schiene (Dental LT Clear Resin V2) ist nach einer kurzen Politur transparent und entspricht der Optik einer konventionell gefertigten Schiene aus einem Dentallabor. Folgendes ist anzumerken:
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Es können zu Beginn Passungstests erforderlich sein, um den Scanner der Praxis, das Schienendesign und den 3D-Drucker nach den Präferenzen des Behandlungsteams zu kalibrieren – ähnlich wie beim konventionellen Prozess mit Dentallaboren. So kann der Termin zur Übergabe der Schiene effizienter gestaltet werden.
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Digital entworfene, 3D-gedruckte Anwendungen ermöglichen im Fall von Verlust oder Beschädigung einer Schiene deren Ersatz ganz einfach durch einen erneuten Druck der gespeicherten Datei. Falls Patient*innen gleich mehrere Schienen benötigen, was bei Vielreisenden häufig der Fall ist, kann die dentale Anwendung in mehrfacher Ausführung gedruckt werden, ohne dass (abgesehen vom Material) zusätzliche Kosten anfallen.